Liebe Leserin, lieber Leser,

zunehmend beobachten wir, dass viele Konzern-Führungskräfte beabsichtigen in den Mittelstand zu wechseln. Warum? Zum einen reizen kleinere Organisationen mit kurzen Entscheidungswegen und großen Handlungs- und Gestaltungsfreiräumen. Zum anderen werden Konzernorganisationen mit ihrer Vielzahl an Hierarchiestufen und zunehmenden Spezialistentum weniger attraktiv empfunden. Karrieremöglichkeiten im Konzern gestalten sich zudem zunehmend schleppend.

Wer also das Ziel verfolgt auf geschäftsführender Ebene tätig zu sein, erhofft sich durch einen Wechsel in mittelständische, familiäre Unternehmensstrukturen den Karriereturbo.

Mittelständler gelten laut diversen Studien darüber hinaus als die attraktiveren Arbeitgeber und haben im Vergleich zum Konzern das bessere Image. Auch die vor kurzem veröffentlichte StepStone-Umfrage bestätigt dies. Hier wurden knapp 32.000 Personen in acht europäischen Ländern (davon 11.000 aus Deutschland) befragt. Das Ergebnis: 23 Prozent der in Deutschland befragten Fach- und Führungskräfte bevorzugen ein kleines oder mittelständisches Unternehmen, während 18 Prozent in einem Großunternehmen arbeiten möchten. Familienunternehmen und KMUs bilden mit über 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und stellen mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze zur Verfügung. Viele davon sind in ihrer Nische sogar Weltmarktführer – sogenannte Hidden Champions.

Auch Familienunternehmen sind sehr an konzernerfahrenen Führungskräften interessiert, von denen man sich in erster Linie Impulse im Hinblick auf Professionalisierung, Prozessoptimierungen und Innovation erhofft. Leider glückt ein vollzogener Wechsel in vielen Fällen nicht, bereits nach kurzer Zeit reißt die Führungskraft oder die Unternehmensleitung die Reißleine.

Warum ist das so ?

Vielfach treffen verschiedene Erwartungen und zwei völlig unterschiedliche Welten aufeinander. Warum viele Führungskräfte aus Konzernstrukturen im Mittelstand scheitern ist oftmals die fehlende Geduld und der Wunsch Veränderungsvorhaben bzw. Restrukturierungen schnellstmöglich umzusetzen. Die Manager versuchen zudem oftmals dieselben Herangehensweisen und Methoden, die sie im Konzern erfolgreich praktiziert haben in den Alltag des Mittelständlers zu überführen, ohne jedoch dabei ausreichend  die vorherrschende Unternehmenskultur zu berücksichtigen. Oftmals über- oder unterschätzen sie dabei die Flexibilität und Dynamiken eines Familienbetriebes und stellen am Ende fest, dass angewandte Instrumente und Methoden mit dem neuen Umfeld nicht kompatibel sind.

Unter welchen Umständen ist ein Wechsel in den Mittelstand erfolgreich? Wichtigste Voraussetzung ist eine offene und ehrliche Kommunikation, um einen allgemeinen Konsens (Erwartungen) in Bezug auf Schnelligkeit und Umsetzbarkeit von Veränderungsvorhaben zu erzielen . Zudem empfiehlt es sich, die Betroffenen (z.B. eines Change-Vorhabens) frühestmöglich einzuweihen und aktiv mitwirken zu lassen. Andernfalls läuft man Gefahr auf unüberwindbare Widerstände zu treffen, die einen Veränderungsprozess zum Scheitern bringen.

Fazit: Der Wechsel vom Konzern in den Mittelstand ist nur dann erfolgreich, wenn man schnell die neuen Spieregeln erlernt und akzeptiert, die jeweilige Unternehmenskultur versteht und sein Methoden- und Erfahrungsrepertoire auf die mittelständische Strukturen erfolgreich übersetzt.

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