Liebe Leserin, lieber Leser,
die Vereinbarkeit von Familie und Job spielt für viele Menschen eine immer größer werdende Rolle. Daher sind Unternehmen gut beraten, sich familienfreundlich aufzustellen, um auch zukünftig leistungsfähige Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Am Montag (17.12.2018) diskutierte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) mit Experten beim Business-Talk in der 3M-Zentrale in Neuss über Chancen und Herausforderungen einer familienfreundlichen (Unternehmens-)Politik.
Am Ende war eins offensichtlich: Am schwersten haben es wieder einmal die kleinen und mittelständischen Familienunternehmen.
Obgleich die Politik dabei ist, eine Betreuungs-Infrastruktur aufzubauen, die für Kindertagesstätten eine Flexibilisierung von Tageskontingenten anstrebt, die Öffnungszeiten auch in die Randzeiten verlängert und die in die praxisorientierte Ausbildung von Fachkräften im Erziehungsbereich investiert, bleibt in den Großstädten von NRW jedes dritte Kind ohne Betreuungsplatz.
Oliver Leick (General Manager HR DACH bei 3M Deutschland GmbH) konstatierte auf die Feststellung, es fehle an Betreuungsmöglichkeiten, mit: „Wir machen es selbst!“ Die 3M-Unternehmens-Kita findet bei den Mitarbeitern großen Anklang. Nicht nur weil das Kind in der Nähe zum Arbeitsort untergebracht ist, sondern auch weil hierdurch Elternteile in Schlüsselpositionen dem Unternehmen erhalten bleiben. Dennoch sind Unternehmens-Kitas noch immer das Privileg der großen Unternehmen.
Anna Yona (Gründerin des Start-Ups Wildling Shoes) entgegnete, dass sie die gesamte Unternehmung von Grund auf mit Home-Office basierten Arbeitsplätzen und Vertrauensarbeitszeit aufgebaut hat. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass sie nicht nur keine Probleme mit der Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern hat, sondern dass sich die besondere, positive Unternehmenskultur Dank diesem Grundverständnis erst gebildet hat.
Vor ganz anderen Herausforderungen stand Norbert Schalm (Geschäftsführender Gesellschafter der Schalm GmbH), als er aus eigenem Antrieb heraus entschied, seine Handwerksbetriebe auf familienfreundliche Arbeitsbedingungen umzustellen. Nicht nur dass er seine Mitarbeiter regelrecht zu einer befristeten Elternzeit „zwingen“ musste, damit dieses Modell überhaupt angenommen wurde, so war es ebenso erforderlich die vorhandene Unternehmens- und Kommunikationskultur in einem Kraftakt zu ändern.
Führungskräfte, so wurde deutlich, sind bei der Umstellung auf familiengerechte Arbeitsbedingungen in hohem Maße gefordert, da sie sich von alten Gewohnheiten verabschieden müssen. Mitarbeiter sind z.B. nicht mehr auf Abruf einzubestellen. Die aus Flexibilisierung und mobilen Arbeitsplätzen resultierende Arbeitsplatzgestaltung und abnehmende persönliche Präsenz der Mitarbeiter erfordern einen hohen Organisationsgrad aller Beteiligten. Die fortschreitende Digitalisierung mit einer Vielzahl medialer Möglichkeiten erleichtert dieses Unterfangen.
Insbesondere für global agierende Unternehmen ist ein Mehr an Familienfreundlichkeit eine Win-Win-Situation. Die Flexibilität der Mitarbeiter schafft Zufriedenheit auf der einen Seite und erhöht damit die Arbeitgeberattraktivität. Gleichzeitig schafft sie aber auch für Unternehmen die Möglichkeit, dass Mitarbeiter wenn erforderlich auch in den Randzeiten zur Verfügung stehen.